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Fluchtwege und Notausgänge

Hallo in die Runde!

Ich bin derzeit dabei für ein älteres Bürogebäude – aber für uns neuen Standort – die Flucht- und Rettungswegplanung zu überarbeiten, daher möchte ich ein paar Fragen in die Runde stellen.

Frage 1:
An einem Notausstiegsfenster befindet sich aktuell nur eine Klappleiter; Ist das ausreichend?

Frage 2:
Sind (Neben)Fluchtwege, die nur über die Leitern der Feuerwehr in Freie führen, generell zulässig?

Frage 3:
Muss ein Büroraum oder ein Meetingraum einen zweiten Ausgang / Fluchtweg haben (Brandschutz)? Wenn ja, ab wann?

Frage 4:
Ähnliche Frage, für einen Umkleidetrakt (mit separatem Dusch-/WC-Raum); ab wann muss ein zweiter Fluchtweg vorhanden sein?

Freue mich auf konkrete Antworten, die mir die Recherche erleichtern. Dank im Voraus!

MfG
Stefan Mayer

Hallo Herr Mayer,

zu Frage 3 und 4 kann ich Ihnen spontan antworten, da ich just ein Seminar zur ASR 2,3 konzipiert habe:

In der Neufassung der ASR A 2.3 - Fluchtwege und Notausgänge werden statt der bislang gebräuchlichen Begriffe erster und zweiter Fluchtweg die Bezeichnungen

  • Hauptfluchtwege (bisher erste Fluchtwege) sind insbesondere die zur Flucht erforderlichen Verkehrswege, die nach dem Bauordnungsrecht notwendigen Flure und Treppenräume für notwendige Treppen sowie die Notausgänge.
  • Nebenfluchtwege (bisher zweite Fluchtwege) sind zusätzliche Fluchtwege, die ebenfalls ins Freie oder in einen gesicherten Bereich führen.

verwendet.

ASR A 2.3 Punkt 4(2) lässt sich so interpretieren, dass Nebenfluchtwege nicht explizit gefordert werden. Der Arbeitgeber hat dies im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung zu prüfen und das Ergebnis zu dokumentieren. Ein Ergebnis kann auch sein, dass ein zweiter Fluchtweg nicht erforderlich ist. Falls Nebenfluchtwege erforderlich sein sollten, werden unter Punkt 6 der ASR A2.3 deren Anforderungen konkretisiert.

Bei er Gefährdungsbeurteilung ist zu berücksichtigen, dass die ASR A 2.3 für flüchtende Personen aus einem Bereich (Raum) in Abhängigkeit der Personenzahl Mindestbreiten vorschreibt!

Diese Mindestbreiten müssen durchgehend von der Tür- über die Flur- und Treppenbreite zum Notausgang realisiert werden. Für Personenzahlen bis 20 Personen sind die Mindestbreiten von 1,0 m einzuhalten. Bei mehr als 20 Personen sind es mind. 1,2 m. U.U. ergibts sich daraus die Notwendigkeit eines Nebenfluchtweges (z.B. zweite Tür).

Hinweis: andere spezifischen Regelungen sind insbesondere die Anforderungen des Baurechts. Regelungen zum Rettungsweg und den notwendigen Fluren sind in den Bauordnungen der Länder getroffen und müssen ggf. zusätzlich berücksichtigt werden.

Ich hoffe, das hilft!

Herbet Lattermann

Hallo,

ich möchte noch ergänzen, dass...

Grundsätzlich der Arbeitgeber die Fluchtwege eigenverantwortlich festzulegen hat. Hierbei hat er, wie bereits gesagt worden ist, das Erfordernis eines zweiten Fluchtweges zu prüfen.

Für Nebenfluchtwege gelten, bis auf wenige Ausnahmen (wie z. B. der Notausstieg, oder die Zulässigkeit von Fahrsteige, Fahrtreppen, Wendel- und Spindeltreppen sowie Steigleitern und Steigeisengänge), dieselben Anforderungen wie für den ersten Fluchtweg.

Ist also ein zweiter Fluchtweg erforderlich, gelten für diesen dieselben Anforderungen (z.B. an die Breite) wie für den ersten Fluchtweg.

Julian Jaron

Sehr geehrter Herr Mayer,

ZU IHRER ERSTEN FRAGE:

Ich würde sagen: Nein! Das Problem ist die Klappleiter:

Als Hauptfluchtweg (erster Fluchtweg) sind die Anforderungen klar in Punkt 6 der ASR 2.3. geregelt. Hier scheiden Klappleitern persé aus

Als Nebenfluchtweg gilt der Grundsatz: „Ein Notausstieg ist ein geeigneter Ausstieg im Verlauf eines Nebenfluchtweges zur selbstständigen Flucht aus einem Raum oder einem Gebäude."

Ferner heißt es in Punkt 6(7): „Für Notausstiege sind erforderlichenfalls im und außerhalb des Gebäudes fest angebrachte Ausstiegshilfen zur leichten und zügigen Benutzung vorzusehen (z. B. Podeste, Treppen oder Haltestangen zum Überwinden von Brüstungen)."

Eine festangebrachte Treppe oder auch Leiter würde m.M.n. erlaubt sein.

Freundliche Grüße
B. Müller

Hallo Herr Mayer,

ich kann Ihnen eventuell zu Frage 2 weiterhelfen. Ich hoffe es 😉

Es existiert nach ASR 2.3 Punkt 3.7 der Begriff „Gesicherter Bereich“. Ein gesicherter Bereich ist ein Bereich, in dem Personen vorübergehend vor einer unmittelbaren Gefahr für Leben und Gesundheit geschützt sind. Als gesicherte Bereiche innerhalb von Gebäuden gelten insbesondere benachbarte Brandabschnitte und notwendige Treppenräume nach dem Bauordnungsrecht. Als gesicherter Bereich außerhalb von Gebäuden können z. B. Außentreppen, begehbare Dachflächen oder offene Gänge gelten, wenn diese im Gefahrenfall ausreichend lang sicher benutzbar sind und ins Freie führen.

Die Rettungswege nach Baurecht, die lediglich durch das Anleitern der Feuerwehr genutzt werden können, können jedoch leider nicht mit den Fluchtwegen im Sinne des Arbeitsstättenrechts gleichgesetzt werden. Nach dem Arbeitsstättenrecht müssen Nebenfluchtwege direkt ins Freie oder einen gesicherten Bereich führen und selbstständig benutzbar sein. Das Arbeitsstättenrecht setzt die Selbstrettung der Beschäftigten und sonstigen Personen, die sich in einer Arbeitsstätte befinden an erste Stelle. (Dies galt auch bereits vor der Neuauflage der ASR A2.3.)

Daher ist ein Nebenfluchtweg, der nur durch das Anleitern erfolgt, a.m.S. für Arbeitsstätten nicht zulässig.  Das Baurecht lässt dies allerdings für den zweiten Rettungsweg zu.

Tipp: Es ist zu klären, ob es sich tatsächlich um einen erforderlichen Nebenfluchtweg im Sinne des Arbeitsstättenrechts handelt (Gefährdungsbeurteilung, Anzahl Beschäftigte, Mindestbreiten, etc.?) Wenn nicht erforderlich handelt es sich evtl. „nur“ um einen 2. Rettungsweg nach Baurecht - der erlaubt wäre.

Liebe Grüße

Norbert Serwal

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