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Wiedereingliederung nach psychischen Erkrankungen


Urheber:in:
Haufe Arbeitsschutz



Gemeinsam zurück in den Beruf

So gelingt die Wiedereingliederung nach psychischen Krisen

Psychische Erkrankungen sind längst keine Randerscheinung mehr – sie zählen mittlerweile zu den häufigsten Gründen für Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung. Besonders alarmierend: Die Ausfallzeiten sind meist deutlich länger als bei anderen Erkrankungen, und die Rückkehr in den Beruf ist für viele Betroffene eine enorme Herausforderung.

Doch mit der richtigen Unterstützung – auf persönlicher wie auf betrieblicher Ebene – kann der Wiedereinstieg gelingen. Eine Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zeigt eindrucksvoll, wie wichtig eine strukturierte und empathische Begleitung für eine nachhaltige Rückkehr in den Arbeitsalltag ist.


Psychische Erkrankung: Ein Risiko mit vielen Facetten

Wer psychisch erkrankt, verliert nicht nur seine Arbeitsfähigkeit, sondern oft auch seine Stabilität, sein Selbstbild und wichtige soziale Kontakte. Arbeit bedeutet für viele Menschen mehr als nur Einkommen – sie schafft Struktur, Sinn und Zugehörigkeit. Entfällt das über einen längeren Zeitraum, steigen Isolation und das Risiko der dauerhaften Ausgrenzung aus dem Erwerbsleben.

Besonders kritisch: Psychische Erkrankungen sind die häufigste Ursache für Frühverrentungen. Umso wichtiger ist es, Menschen nach einer Krise nicht allein zu lassen – weder im Gesundheits- noch im Arbeitskontext.


Hilfe auf mehreren Ebenen

Psychische Erkrankungen entstehen aus einem Zusammenspiel von persönlichen und äußeren Faktoren. Entsprechend vielfältig müssen auch die Maßnahmen zur Wiedereingliederung sein. Es braucht sowohl individuelle Unterstützung (z. B. durch Therapie und Coaching) als auch betriebliche Anpassungen, um eine gesunde Rückkehr zu ermöglichen.

Wichtige Maßnahmen:

  • Verhaltenstherapie mit Fokus auf Selbstfürsorge und Stressbewältigung

  • Coaching zu Themen wie Grenzen setzen oder Umgang mit Leistungsdruck

  • Analyse psychischer Belastungen am Arbeitsplatz (z. B. Zeitdruck, Überforderung)

  • Personenbezogene Gefährdungsbeurteilung durch den Betriebsarzt

  • Stufenweise Wiedereingliederung (z. B. nach dem “Hamburger Modell”)


Vier Phasen für eine nachhaltige Rückkehr

Ein bewährtes Instrument, das die BAuA empfiehlt, ist das Vier-Phasen-Modell. Es strukturiert den Wiedereinstieg in vier klar definierte Schritte – immer mit dem Ziel, gemeinsam, respektvoll und individuell zugeschnitten zu agieren:

Phase 1 – Ko-Orientierung: Vertrauen aufbauen

In Vier-Augen-Gesprächen wird ein ehrlicher, lösungsorientierter Austausch zwischen Betrieb und Mitarbeitendem ermöglicht. Es geht um gegenseitiges Verständnis, aber auch um das Abstecken realistischer Rahmenbedingungen.

Phase 2 – Koordinierung: Ressourcen bereitstellen

Hier wird konkret geplant: Welche Aufgaben sind (wieder) zumutbar? Welche Anpassungen braucht es? Diese Phase ist Bestandteil des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM).

Phase 3 – Kooperation: Rückkehr ins Team

Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin kehrt ins Team zurück. Wichtig ist jetzt ein sensibler Umgang, das Monitoring der Maßnahmen und eine offene Feedback-Kultur.

Phase 4 – erneute Ko-Orientierung: Langfristige Stabilisierung

In dieser Phase steht die nachhaltige Sicherung der Arbeitsfähigkeit im Vordergrund – z. B. durch präventive Maßnahmen, Gesundheitsförderung oder regelmäßige Reflexionsgespräche.


Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist entscheidend

Ein gelungener Wiedereinstieg nach psychischer Krise ist kein Einzelerfolg. Er gelingt nur, wenn alle Beteiligten gemeinsam an einem Strang ziehen: die betroffene Person, Vorgesetzte, Kolleginnen und Kollegen, die Geschäftsführung, Interessenvertretungen, Betriebsarzt und behandelnde Therapeut*innen.

Die Broschüre „Die Rückkehr gemeinsam gestalten“ der BAuA liefert praxisnahe Impulse und Tools, um diesen Prozess strukturiert und mit Feingefühl zu begleiten.


Fazit:
Psychische Erkrankungen betreffen nicht nur die Einzelnen – sie sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Eine gelungene Rückkehr in den Beruf bedeutet nicht nur ein Stück Lebensqualität für die Betroffenen, sondern auch ein starkes Zeichen für gelebte Verantwortung und Menschlichkeit im Arbeitsleben.



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